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Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf die Franchisebranche 2011

Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf die Franchisebranche 2011

von Oliver Timmermann, Volljurist bei der Debeka

Im Einzelnen:

Die Entscheidung des BSG vom 04.11.20091 , wonach sog. Einzel-Franchise-Nehmer ohne sozialversicherungspflichtige Angestellte unter die Rentenversicherungspflicht fallen, kann nicht isoliert betrachtet werden.
Bereits mit seiner Entscheidung vom 24.11.20052 sorgte das BSG für Furore, indem es auch selbständige Gesellschafter-Geschäfts-Führer einer Kapitalgesellschaft der Renten- versicherungpflicht unterstellten wollte. Seinerzeit bewahrten (vorerst) noch eilige Presse- erklärungen der Deutschen Rentenversicherung Bund und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales3 vor dem Dammbruch kräftiger Nachforderungsbescheide.
Fest steht jedoch, dass hier eine Rechtsprechung „im Fluss“ ist, die immer weiter versu-chen wird, auch größere Franchise-Systeme mit einzubeziehen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich eine kritische Analyse (1.) des bisherigen Umganges dieses Aspektes in den üblichen Vertragsentwürfen, um so den Blick zu schärfen und die handfesten Vorteile (2.) dieser Entwicklung zu erkennen. Im Rahmen dieser kurzen Übersicht nur soviel:

1.) Vorvertragliche Aufklärungspflicht meets BilMoG

Integraler Bestandteil jedes funktionierenden Franchise-Systems ist für den Franchise-Geber die „wasserdichte“ vorvertragliche Aufklärung jedes Interessenten. Anders als im anglo-amerk. Rechtssystem mit seinem starren Informationssystem des disclosure requirements, unterliegt die vorvertragliche Aufklärungspflicht in Deutschland der Auslegung.

Die Grundlage der Informationspflicht ist jeweils anhand des konkret in Aussicht genommenen Vertrags mittels der nach dem Vertrauensprinzip abzugrenzenden Risikosphären zu ermitteln4. Danach muss der Franchise-Geber mit seinem Wissensvorsprung bzgl. der Funktionsweisen des Franchise-Systems wie der Brancheneinzelheiten den jeweiligen Interessenten zumindest über die Tatsachen aufklären, die für dessen Entscheidung erkennbar von Bedeutung sind/ sein müssen5.

Sowohl nach den Richtlinien des DFV als auch nach der gängigen Praxis hat aber jedenfalls auch im deutschen Rechtssystem der Franchise-Geber stets über die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen vor Vertragsabschluss zu informieren6. Diese gehören zum obligaten Kernbestand der vorvertraglichen Aufklärungspflicht7 .
Haftungsbewehrt sind inhaltlich damit Angaben gegenüber dem Interessenten, die diesem mindestens Aussagen über Einnahmen/ Ausgaben und Investitionen an die Hand geben, wobei nähere Differenzierungen im Hinblick auf die unterschiedlichen Geschäftsphasen erforderlich sind8.

Bereits nach diesen allg. Grundsätzen wird ersichtlich, dass die Anforderungen an die Franchise-Geber nach der Schaffung des BilMoG9 modifiziert werden müssen.
Denn mit dem BilMoG verfolgt der Gesetzgeber insbesondere das Ziel, die handelsrecht- lichen Vorschriften zu modernisieren und das HGB als eine vollwertige, aber kostengünstigere Alternative zu den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu etablieren10 . Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen – wie die Vielzahl der Franchise-Systeme – sollen durch das Gesetz eine Deregulierung und eine Kostensenkung erfahren.
Nimmt man hinzu, dass die unmittelbaren Versorgungszusagen (wie diese die Franchise-Nehmer ggüb. Ihren Angestellten nach dem BetriebsrentenG treffen müssten!) gem. § 246 Abs. 2 und § 253 Abs. 1 und 2 HGB n.F. bis zu 20% der Bilanzsumme ausmachen können11, eine Beschränkung auf Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern im arbeitsrechtlichen Sinne nicht vorgesehen ist12 und die neugeschaffene Saldierungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Bilanzverkürzung, d.h. zu einem verbesserten Rating führen kann13 , erhellt sofort die herausgehobene Stellung dieses Themas auch für die vorvertragliche Aufklärung.

2.) Vorteile
Für den Franchise-Geber ergeben sich somit folgende Konstellationen, in denen das The ma „Altersvorsorge“ eine stärkere Berücksichtigung bei den Vertragsverhandlungen finden sollte:

a) Der Franchise-Nehmer unterfällt (als „stand-alone“ Franchise-Nehmer oder als Gesellschafter-Geschäftsführer) selbst dem Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes.
Hier treffen für den Franchise-Geber die allgemeine vorvertragliche Aufklärungs- und die besondere Hinweispflicht nach dem BetrAVG zusammen.
Gleichzeitig kann dieser selbst an den Vorteilen partizipieren, die durch das BilMoG geschaffen worden sind.

b) Der Franchise-Nehmer beschäftigt eine Vielzahl von Angestellten, die über der Geringfügigkeitsgrenze verdienen.
Hier müssen die Vorteile einer geschickten Bilanzpolitik, wie diese durch das BilMoG eröffnet worden sind, Bestandteil der obligaten vorvertraglichen Hinweispflicht sein.
Es darf nicht verkannt werden, dass gerade in der Finanzkrise das Vertrauen in die Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge gestärkt wurde und de lege ferrenda sogar ein weiterer Ausbau dieser kapitalgedeckten Vorsorge vorgesehen ist14.
Die Einsparungen, die der Franchise-Nehmer in seinem Betrieb hier z.B. im Bereich der Lohnnebenkosten oder Betriebsausgaben erzielen könnte, sind auch immer Pluspunkte für den Franchise-Geber in den vorgelagerten Vertragsverhandlungen.

c) Ist der Franchise-Nehmer nicht als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger bAV-fähig, so empfiehlt sich für den Franchise-Geber trotzdem - unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Aufklärungspflicht einer wissensüberlegenen Partei15, in dem Vertragsentwurf eine Empfehlung für eine rechtzeitige, steuergeförderte Basisrente auszusprechen, diesen Passus mit aufzunehmen. 

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Quellenangaben:

1Az.: B 12 R 3/08 R, BetrAV 2010, S. 596 mit Anmerk. vom Verfasser
2Az.: B 12 RA 1/04; BetrAV 2006, 285 f. mit Anmerk. Lange S. 258 f.
3BetrAV 2006, S. 289, 290 und den mit heißer Nadel eingefügten Art. 11 Nr. 1a HaushaltsbegleitG 2006
4Vgl. bereits RGZ 62, 149, 150 ff. ; bestätigt BGHZ 96, 302, 311 f.
5OLG München Urt. 24.04.2001 – 5 U 2180/00 (Aufina) in BB 2001, 1759 f. mit Anmerk. Böhner S. 1749 ff.
6OLG Köln Beschl. v. 16.05.1994 – Az.: 2 W 14/94
7Schäfer „Pflicht des Franchise-Gebers zur vorvertraglichen Aufklärung“ 2006, S. 258 f.
8Schäfer a.a.O. S. 183, 196.
9abwechselnd als „großer Wurf“ (Müller in BetrAV 2009, S. 301) oder „bedeutenste Umbruchphase“ (Zülich/ Hoffmann/Salewski in BetrAV 2010, S. 328) bezeichnet.
10Melcher/ Scheier in DB Beilage 5 2009, S. 4.
11Höfer in BetrAV 2009, 591 f.
12Hasenburg/ Hausen in DB Beilage 5 2009, S. 42 m.w.N.
13Zülch/ Hoffmann/ Salewski a.a.O. S. 330; auf Einzelheiten der materiellen Bilanzstrategie u.a. bei der Bewertung der Rückstellungen muss aus Platzgründen hier verzichtet werden, vgl. z.B. Weinheim/ Kunath in DB 2010, S. 2345 ff. m.w.N.
14Stichwort: Ausbau des Dotierungsrahmens nach § 3 Nr. 63 EStG, vgl. Hessling in BetrAV 2009, 596 f.
15Rehm „Aufklärungspflichten im Vertragsrecht“ 2003, S. 230 ff.

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