Von “A” wie Apfel und Autozubehör bis “Z” wie Zucker und Zahnpasta — einen Großteil dessen, was wir täglich nutzen und konsumieren, besorgen wir in Geschäften, die dem Einzelhandel (EH) angehören. Die Unternehmen des EH erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr mit 482,2 Milliarden Euro den drittgrößten Jahresumsatz auf dem deutschen Binnenmarkt. Dies entspricht 15,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Für das laufende Jahr 2017 wird sogar eine Steigerung von rund 2% prognostiziert — der Jahresumsatz soll laut Hochrechnungen des Handelsverbands Deutschland HDE bei 491,9 Milliarden Euro liegen.
Wer und was steckt genau hinter diesen Zahlen und wie ist die Branche aufgeteilt? Wie schlagen sich die Franchiseunternehmen auf den Märkten in Deutschland, der Schweiz und Österreich? Und welche Trends werden für die Zukunft vorausgesagt?
* | Franchisekonzepte | Franchisepartner | davon Franchiseunternehmen im Einzelhandel |
Deutschland | 950 | 119.300 | 30% (35.800) |
Schweiz | 300 | 4.500 | 19% (850) |
Österreich | 470 | 9.760 | 45% (4.400) |
*alle Zahlen gerundet
Einer Studie des Deutschen Franchiseverbands (DFV) in Zusammenarbeit mit dem ‘Institut Markenfranchise’ zufolge, macht im Jahr 2017 der Handel 30 Prozent der deutschen Franchisewirtschaft mit seinen insgesamt 950 Konzepten und 119.302 Franchisepartnern aus. Genaue Zahlen zu Umsätzen liegen zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch nicht vor. Ginge man allerdings davon aus, dass der Umsatz analog zur Branchenaufteilung ist und somit rund ein Drittel ausmacht, würde der Franchise-Einzelhandel 2017 circa 31 Mrd. Euro erwirtschaften. Ebenso verhält es sich bei den Zahlen zu Angestellten in dieser Franchisebranche. Knapp 700.000 Arbeitnehmer arbeiten in Franchiseunternehmen in der ganzen Bundesrepublik, davon 409.360 in Voll- oder Teilzeit und 288.172 in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Grob überschlagen hat der Franchise-Einzelhandel somit 123.000 Voll- und Teilzeitangestellte und 86.500 geringfügig Beschäftigte. Bei unseren Nachbarn im Südwesten sehen die Zahlen etwas anders aus. Dies liegt nicht nur an der kleineren Fläche und der geringeren Bevölkerungszahl.
Bei der Recherche zum EH in der Schweiz, dort “Detailhandel” genannt, stößt man immer wieder auf ein bestimmtes Problem, das in Artikeln und Reports genannt wird. Dem EH in der Schweiz macht demzufolge der zunehmende Erfolg von Discountern, darunter vor allem Aldi und Lidl, zu schaffen. Andere Supermarktketten, wie die alteingesessenen Coop und Migros, haben aus Preisgründen daher in den letzten Jahre mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Aufgrund der vielen Non-Food-Angebote von Lidl und Aldi, sind aber auch andere Geschäfte und Händler von der Entwicklung betroffen.
Dem Bericht über die Jahrestagung zum Thema "Detailhandel Schweiz 2016" der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge, sind die Zahlen in der gesamten Branche seit einigen Jahren rückläufig, im Schnitt um zwei Prozent pro Jahr. Neben der oben genannten Problematik rund um Discounter sei dafür auch ein Rückgang beim Einkaufstourismus verantwortlich, der hauptsächlich an die Wertfluktuation des Schweizer Franken gekoppelt ist.
Momentan sind immerhin rund 45 Prozent der in Österreich agierenden Franchiseunternehmen im EH angesiedelt. Auch in in Österreich liegen momentan keine Zahlen zum tatsächlichen Marktanteil dieser Unternehmen vor. Da die gesamte Franchisewirtschaft allerdings einen Jahresumsatz von hochgerechnet 9 Mrd. Euro aufweisen kann, lässt sich ein EH-Ertrag von circa 4 Mrd. für das vergangene Jahr vermuten. Wie die Europäische Kommission beobachtete, liegt der Anteil am nationalen BIP hier auch nur bei knapp über einem Prozent, obwohl das oben genannte Interesse ausländischer Franchisegeber mehr Potenzial böte.
BIP 2016 | Anteil des EH am BIP 2016* | Anteil des Franchise-EH am BIP 2016* | |
Deutschland | 3.132,67 Mrd. EUR | 15,7% (482,2 Mrd.) | 1% (~31 Mrd.) |
Schweiz | 608,08 Mrd. EUR | 14,4% (87,8 Mrd.) | k.A. |
Österreich | 349,49 Mrd. EUR | 16,9 % (59,2 Mrd.) | 1,1% (~4 Mrd.) |
*Hochrechnungen
Es gibt ganz unterschiedliche Herangehensweisen an und Sichtweisen auf die Problematik, sowohl von Seiten der Unternehmer als auch seitens der Berichterstattung und Analyse. Die einen verteufeln das Online-Geschäft und fürchten sich vor einer nahen Zukunft, in der es keine stationären Geschäfte mehr geben soll. Andere wiederum verlagern sich komplett auf das Onlinegeschäft und preisen die Effizienz und die Einsparung von Mietkosten und Verkaufspersonal an. Wie in den meisten Fällen liegt die Wahrheit — und die realistischste Prognose — wohl in der Mitte. Denn wer sich die Statistiken des GfK aus einer Studie, die bezeichnenderweise “Wer hat Angst vor E-Commerce” heißt, ansieht, wird feststellen dass keine pauschalisierenden Urteile gefällt werden können. Einige Beispiele:
Der Erfolg des Onlinehandels ist auch von den angebotenen Produkten abhängig. So ist beispielsweise momentan der Absatz von Technik und Medien, Sport- und Freizeitausstattungen und Fashion- und Lifestyleprodukten inklusive Kleidung relativ hoch, wohingegen Garten- und Heimwerkerbedarf, Einrichtungsgegenstände und Lebensmittel relativ selten online gekauft werden. Allerdings wird sich gerade im Bezug auf letzteres wohl in Zukunft einiges ändern. Die Lieferung von online bestellten Lebensmitteln hat sich in Ländern wie Großbritannien, den USA und Irland bereits mehr durchgesetzt, als in Deutschland.
Fest steht, dass der Einzelhandel sich mit Fragen, Entwicklungen und Herausforderungen rund um den Onlinehandel stetig beschäftigen müssen wird, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Besonders für Gründer, die in ein Franchisekonzept einsteigen möchten, lohnt sich eine gründliche Recherche zur Internetpräsenz des Unternehmens:
Wer also darüber nachdenkt, mit seinem Geschäft nach dem Franchisemodell zu expandieren oder als Franchisenehmer zu gründen, sollte besonders im EH stets alle Augen offenhalten und die Zahlen am Markt und die Trends beobachten. In Deutschland und Österreich steht die Konjunktur für ein solches Vorhaben prinzipiell gut, in der Schweiz ist vor allem die Sparte wichtig, in deren Tür man einen Fuß setzen möchte. Besondere Aufmerksamkeit sollte man den Möglichkeiten zum E-Commerce schenken, um auch diesen wachsenden Markt in Zukunft gut bedienen zu können. Jenachdem, in welchem EH-Bereich man sich etablieren möchte, ist zudem ein guter Überblick über die Arbeitsmarktlage und das Lohnniveau wichtig, um sicherzustellen, dass genug Personal verfügbar ist und die Mitarbeiter zufriedenstellend bezahlt werden können.
Einige Beispiele für Unternehmen, die den Sprung gewagt und sich erfolgreich auf dem sogenannten DACH-Markt (Deutschland, Österreich, Schweiz) etabliert haben, finden Sie im nächsten Abschnitt.
errea:
Das italienischen Familienunternehmen stellt seit 1988 hochwertige Sportbekleidung und -zubehör her. Seit 2005 kann man Franchiselizenzen erwerben und einen eigenen errea-Store führen. Mit antiallergenen Stoffen, Ausstattung für weniger bekannte Sportarten wie Gewichtheben, American Football oder Rugby und einer Öko-Tex-Zertifizierung ist ein breitgefächertes Publikum erreichbar. Statt auf Massenware wird hier auf individualisierte Qualitätsprodukte gesetzt.HUSSE: Tiernahrung und Haustierzubehör, online bestellt und direkt an die Haustür geliefert. Das ist das Konzept des 1987 in Schweden entstandenen Franchisekonzepts. Die Erfolgsfaktoren sind die Verlagerung auf’s Onlinegeschäft und die Qualität der Produkte, die aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden — gleich zwei Trends, die man in den letzten Jahren beobachten konnte.
NOA NOA: Das 1981 in Dänemark entstandene Modelabel möchte insbesondere in Deutschland, der Schweiz und Österreich weiter expandieren und sucht neue Franchisenehmer. Die Marke ist in 100 Concept Stores und in weiteren 1.000 Multi-Brand-Stores auf der ganzen Welt vertreten. Die Kleidung für Frauen jeden Alters ist schlicht bis unkonventionell und dabei immer hochwertig. Eine faire Produktion steht genauso im Vordergrund wie einmalige Entwürfe und Kreationen.
ServiceStore DB: Seit das Unternehmen 2001 ins Franchising eingestiegen ist, hat es stetig expandiert. Mittlerweile führen 38 Franchisenehmer mehr als 120 Stores. An Bahnhöfen jeder Größe können Pendler und Bahnreisende hier alles aus einer Hand besorgen, vom Kaffee über die Zeitschrift bis hin zur Fahrkarte. Besonderheit: der stetige Fluss an Laufkundschaft.
Einstiegsinvestition | Gebühr/Monat | |
errea | 3.900 - 40.000 € | auf Anfrage |
HUSSE | 3.000 - 8.500 € | 5% des Umsatzes, mindestens 250 € |
NOA NOA | 65.000 € | 500 € |
ServiceStore DB | 40.000 € | 2,3% des Nettoumsatzes |
* Alle Daten entsprechen dem Stand Anfang Mai 2017. Spätere Änderungen werden eventuell nicht wiedergegeben.